Der Datenschutz im Strafvollzug ist derzeit Bestandteil des Strafvollzugsgesetzes NRW. Alle anderen Vollzugsgesetze nehmen hierauf Bezug. Nachdem sich die Europäische Union dieser Rechtsmaterie angenommen und unter dem 27. April 2016 die EU-Richtlinie 2016/680 erlassen hat, ist diese Rechtssetzung in nationales Recht zu überführen. Die schwarz-gelbe Landesregierung hat hierzu einen Gesetzentwurf vorgelegt, zu dem heute eine Expertenanhörung im Rechtsausschuss des Landtages stattgefunden hat.
Der BSBD wurde durch seinen Landesvorsitzenden Peter Brock und dessen Stellvertreter Ulrich Biermann vertreten. Da selbst die Landesregierung einräumt, dass die erhöhten Dokumentations-, Mitteilungs- und Auskunftspflichten zu einem personellen Mehraufwand in den Verwaltungsabteilungen der Justizvollzugsanstalten führen werde, war es nicht weiter verwunderlich, dass die BSBD-Vertreter hier den Finger in die Wunde legten. Sie betonten, dass es nicht sachgerecht sei, den Bediensteten des Strafvollzuges diese absehbare Mehrarbeit in einer Situation zuzumuten, in der sie bereits am Anschlag arbeiteten. Hier müsse mit der neuen Aufgabe auch das neue und dringend benötigte Personal zur Verfügung stehen.
Erst, wie es die Landesregierung beabsichtige, praktische Erfahrungen zu sammeln, um den Mehrbedarf besser bemessen zu können, führe zwangsläufig zu einer Überforderung der Verwaltungen und sei daher nicht akzeptabel.
Wird der Datenschutz zu einer Belastung für den Vollzug?
Zu dem Gesetzesvorhaben hat der BSBD eine Stellungnahme abgegeben und kritisiert, dass bei dem zweifellos hohen Rechtsgut der informationellen Selbstbestimmung das Kind nicht mit dem Bade ausgeschüttet werden dürfe. Schließlich beruhten die Behandlungsbemühungen des Strafvollzuges in jedem Einzelfall auf einer möglichst breiten Datenbasis, die im Rahmen von Explorationen und Anamnesen erstellt werde. Hier allzu große Restriktionen vorzusehen und diese auch noch weitgehend vom Einverständnis der Betroffenen abhängig zu machen, beeinträchtige das Kerngeschäft des Strafvollzuges substantiell.
Um die Gefährlichkeit von Gefangenen richtig einschätzen, ihre Eignung für vollzugsöffnende Maßnahmen beurteilen und die Risiken einer Strafaussetzung zur Bewährung bewerten zu können, müssen viele Daten erhoben und zusammengeführt werden. Die Datenerhebung dabei von der Mitarbeitsbereitschaft der Betroffenen abhängig zu machen, ist aus Sicht des BSBD nicht zielführend, sondern eine schwere Belastung der Behandlungsarbeit.
Werden Belehrungen vor jedem Gespräch mit Gefangenen erforderlich?
Die Vorstellung, einen Gefangenen vor jedem Gespräch mit dem Abteilungsbeamten, dem Sozialdienst oder dem zuständigen Psychologen umfänglich und nachvollziehbar belehren zu müssen, würde nach Meinung der BSBD-Vertreter zu einer Pervertierung der gesamten Vollzugsarbeit führen und einem humanen Binnenklima in den Vollzugseinrichtungen abträglich sein.
Das menschliche und soziale Miteinander würde großen Schaden nehmen und dadurch den Behandlungsbemühungen des Vollzuges in vielen Fällen die Grundlage entziehen. Im Vollzug, dies ist eine allgemeine Erkenntnis und alltägliche Erfahrung, gewinnt die Qualität vollzuglicher Entscheidungen, je breiter die verfügbare Datenbasis ist. Hier mit dem Datenschutz restriktiv einzugreifen wird die Behandlungsqualität mindern und u.U. den Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten erschweren.
Nach Einschätzung der BSBD-Vertreter sei es die Aufgabe der Politik, in dieser Hinsicht Augenmaß walten zu lassen.
Daten nicht voreilig löschen
Die BSBD-Vertreter rieten dazu, die Löschungsvorschriften mit den geltenden Aufbewahrungsrichtlinien kompatibel zu halten und nicht ohne Not unterschiedliche Fristen vorzusehen.
Da Daten von Gefangenen bei spezifischen kriminellen Karrieren über einen langen Zeitraum greifbar sein müssten, so die BSBD-Vertreter, solle auf kurze Löschungsfristen verzichtet werden. Dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Gefangenen könne auch durch weitreichende Zugriffsbeschränklungen angemessen Rechnung getragen werden.
Friedhelm Sanker
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