Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Schon wieder stehen das Weihnachtsfest und der Jahreswechsel vor der Tür. Das ist ein guter Zeitpunkt Bilanz zu ziehen, was wir in den zurückliegenden Monaten des Jahres gewerkschaftlich anstoßen, erreichen, realisieren oder auch verhindern konnten. Zunächst einmal gilt mein Dank jedoch all jenen Kolleginnen und Kollegen, die sich ehrenamtlich in die Gewerkschaftsarbeit eingebracht haben.
Durch die gemeinsame Erarbeitung von Zielen, die hervorragende Unterstützung der BSBD-Landesleitung und das Vertrauen, das wir immer gespürt haben, habt Ihr die Gewerkschaftsarbeit nachhaltig gefördert. Das ist wichtig, denn nur wenn sich die Mandatsträger der Zustimmung der Mitglieder sicher sein können, werden sie in die Lage versetzt, die gemeinsamen Interessen der Bediensteten des Vollzuges und des Vollzuges selbst engagiert, effektiv sowie erfolgs- und lösungsorientiert zu vertreten.
In diesem Jahr haben sich viele Sicherheitsstörungen in den nordrhein-westfälischen Vollzugseinrichtungen ereignet, die uns alle betroffen gemacht haben. Sie haben uns nochmals unmissverständlich verdeutlicht, dass wir in einem gefahrengeneigten Beruf tätig sind, der Herausforderungen sowie körperliche und psychische Belastungen im Übermaß bereithält.
Die Klientel hat sich in den letzten Jahren nochmals deutlich unter negativen Vorzeichen verändert. Übergriffe, Bedrohungen, mangelnder Respekt gegenüber unseren Kolleginnen und Kollegen sowie Beleidigungen sind an der Tagesordnung und wollen souverän bewältigt werden. Schlägereien oder Selbstverletzungen nehmen offenbar zu. Sie verlangen von den Kolleginnen und Kollegen körperlichen Einsatz, aber auch Schlichtungskompetenz, um bestehende Konflikte gewaltfrei zu lösen.
Ist der Brand in der JVA Kleve ein politischer Wendepunkt?
Einen Fall darf ich besonders herausgreifen, weil er das Dilemma sichtbar macht, in dem wir uns derzeit befinden: Die durch die Landtagsopposition mit ausgelöste Hetzjagd der Medien auf die Kolleginnen und Kollegen der JVA Kleve, denen man als Gipfel der Unverschämtheit tatsächlich die Tötung eines Schutzbefohlenen unterstellte. Eine solch überzogene, tendenziöse Berichterstattung, für die sachliche Gründe kaum auszumachen sind, diskreditiert nicht nur die Klever Kolleginnen und Kollegen, sondern einen ganzen Berufsstand. Dabei dürfte der Vollzug nicht einmal das vorrangige Ziel der politischen Auseinandersetzung, sondern nur ein Kollateralschaden gewesen sein. Worum es der Landtagsopposition eigentlich zu gehen scheint, dürfte der vehement geforderte Rücktritt von Justizminister Peter Biesenbach (CDU) sein.
Zwischenzeitlich hat sich auch der externe Brandermittler dem Urteil der kriminaltechnischen Experten angeschlossen und erklärt, dass der Brand mit hoher Wahrscheinlichkeit vorsätzlich durch das Opfer selbst, einen 26-jährigen Syrer, verursacht worden sei. Die Medien, die den Klever Brand bereits mit dem Fall des Oury Jalloh verglichen, der vor 14 Jahren an Händen und Füßen gefesselt in einem Dessauer Polizeigewahrsam zu Tode gekommen war, gieren offenbar stets nach dem nächsten Skandal und sind nicht zuletzt aus ökonomischen Gründen auf die spektakuläre Nachricht aus. Allzu oft bleibt dabei die akribische Recherche auf der Strecke und wird stattdessen durch eine spekulative Berichterstattung ersetzt.
Das eigentlich Unverständliche ist aber, dass die Landtagsopposition die offenbar lange Jahre geübte Praxis aufgegeben hat, den Strafvollzug aus dem politischen Meinungsstreit herauszuhalten. Die Klever Kolleginnen und Kollegen sind die ersten Opfer dieser Entwicklung. Deshalb hat sich der BSBD in Interviews, Hintergrundgesprächen und eigenen Veröffentlichungen vor die Klever Kolleginnen und Kollegen gestellt, die bei der Bewältigung der Sicherheitsstörung am 17. September 2018, dem Tag des Brandes, einen verdammt guten Job gemacht haben. Ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit haben sie das Feuer gelöscht und versucht, dem 26-jährigen Syrer das Leben zu retten. Für ihr selbstloses, überlegtes und professionellen Handeln haben sie Dank und Anerkennung verdient und keine haltlosen, unbegründeten Verdächtigungen.
Der BSBD war auf 2018 erfolgreich!
Das Jahr hat uns allerdings auch positive Entwicklungen und gewerkschaftliche Erfolge gebracht.
Als überaus erfreulich kann ich feststellen, dass bei vielen unserer gewerkschaftlichen Forderungen Fortschritte erzielt werden konnten. In besonderer Weise ist anzuerkennen, dass Justizminister Peter Biesenbach (CDU) weiter intensiv daran arbeitet, die Personallücke des Vollzuges, die der BSBD bislang mit 1.000 Stellen beziffert, mittelfristig zu schließen. Nach 237 Stellen im Haushalt 2018 sind jetzt weitere rd. 150 Stellen in den Haushalt für das kommende Jahr eingestellt. Damit sticht er in wohltuender Weise aus der Phalanx seiner Vorgänger hervor, die sich meist darauf beschränkten, die Probleme des Vollzuges nur zu benennen, teilweise aber auch zu bestreiten und zu negieren. Der aktuelle Minister hat die Schwierigkeiten des Vollzuges nicht nur erkannt, er hat auch Schritte zu deren Behebung unternommen. Seine Durchsetzungskraft innerhalb des Kabinetts ermöglicht es ihm zudem, seine Vorstellungen politisch durchzusetzen.
Die neuen Stellen, die jetzt adäquat besetzt werden müssen, werden mittelfristig die Personalsituation im Vollzug nachhaltig verbessern. Zunächst stehen wir allerdings vor dem Problem, die Nachwuchskräfte angemessen auszubilden. Die Justizvollzugsschule stößt mit der Ausbildung des Ersatzbedarfs bereits an Kapazitätsgrenzen. Deshalb wird im Ministerium die Schaffung von zusätzlichen Kapazitäten durch Einrichtung einer Zweigstelle der Justizvollzugsschule erwogen. Insgesamt sind wir hier auf einem guten Weg und zuversichtlich, dass wir die notwendige Entlastung der Kolleginnen und Kollegen erreichen können.
Die Ausbringung von zusätzlichen Beförderungsmöglichkeiten im Bereich der Besoldungsgruppen A 8 und A 9 mit Amtszulage für den mittleren Dienst (Laufbahngruppe 1.2) ist eine gute Botschaft für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen. Mit dem Haushalt 2020 wird dann die Nachschlüsselung im Bereich der Besoldungsgruppe A 9 erfolgen, so dass sich der derzeit vorhandene Beförderungsstau nach und nach auflösen sollte.
Eine weitere positive Nachricht besteht darin, dass für die Vertreter von Werkdienstleitern und Leitern des allgemeinen Vollzugsdienstes, die sich in der Besoldungsgruppe A 11 befinden, nunmehr die Besoldungsgruppe A 10 geöffnet wird. Das Ministerium hat damit eine langjährige Forderung des BSBD aufgegriffen.
BSBD verhandelt über Strukturverbesserungen
In der Administration scheint man nach den zahlreichen Vorstößen des BSBD zu der Überzeugung zu gelangen, dass der mittlere Verwaltungsdienst nicht länger von strukturellen Entwicklungen ausgeschlossen werden darf. Derzeit werden unterschiedliche Modelle erwogen, um den Kolleginnen und Kollegen eine aufgaben- und leistungsangemessen Berufsperspektive zu eröffnen.
Auch was die Aussichten der weiteren Laufbahnen des Vollzuges anbelangt, befindet sich der BSBD in vielversprechenden Gesprächen und Verhandlungen. Sie betreffen die Eingangsbesoldung und die Verbesserung der Stellenobergrenzen ebenso wie den prüfungsfreien Aufstieg in die nächsthöhere Laufbahngruppe. Anders als in der Vergangenheit, werden diese gewerkschaftlichen Vorstellungen nicht von vornherein abgeblockt. Das Ministerium ist stets bereit, in einen kritischen Dialog einzutreten, um mit dem BSBD die Grenzen des jeweils realistisch Machbaren auszuloten.
Teilprivatisierung der Berufsausbildung wird beendet
Einen großen Erfolg konnte der BSBD bei der Beendigung der Teilprivatisierung vollzuglicher Aufgaben im Bereich der beruflichen Qualifizierung erreichen. Bei den Pilotanstalten Geldern und Heinsberg sind die dort tätigen Kräfte externer Bildungsträger in den Werkdienst übernommen worden. Seit mehr als zwanzig Jahren arbeitet der BSBD an der Durchsetzung dieser gewerkschaftlichen Forderung, die jetzt auch noch in den restlichen Vollzugseinrichtungen realisiert werden muss. An diesem Erfolg zeigt sich, dass manchmal ein verdammt langer Atem erforderlich ist, bis das Ziel in Sichtweite kommt.
Erfreulich und überaus positiv für den BSBD ist auch die Entwicklung der Mitgliederzahlen. Hieraus ziehen unsere ehrenamtlich tätigen Mandatsträger die notwendige Kraft, sich für unsere gemeinsamen Interessen einzusetzen.
BSBD-Gewerkschaftstag 2019 und 70. Gründungsjubiläum
Mein spezieller Dank gilt daher all jenen Kolleginnen und Kollegen, die sich dieser ehrenamtlichen Gewerkschaftsarbeit verschrieben haben und sich mit ihrem Engagement und ihren Kompetenzen einbringen. Für diese selbstlose Arbeit muss viel Freizeit aufgewendet werden, was für die Familien meist einen schmerzlichen Verzicht bedeutet. Dass so viele Mandatsträger dazu bereit sind, ist ein gutes Zeichen gelebter Solidarität.
Für die im kommenden Jahr vor uns liegende Arbeit benötigen wir Kraft und Ausdauer, denn es sind noch viele dicke Bretter zu bohren. Das herausragende Ereignis wird der Gewerkschaftstag sein, der in der Zeit vom 5. bis 6. September 2019 in Paderborn stattfinden wird.
Es zeichnet sich ab, dass der BSBD sich in vielen Gremien und Funktionen neu aufstellen muss. Nicht nur die Landesleitung ist teilweise neu zu besetzen, sondern auch der Landesvorstand und der Landesausschuss wird sich personell erneuern müssen. Es steht in vielen Bereichen ein Genrationswechsel an.
Mein persönlicher Wunsch ist es, dass wir in den vorbereitenden Sitzungen der BSBD-Gremien einvernehmliche Lösungen anstreben und finden, um dem Gewerkschaftstag gute Personalvorschläge unterbreiten zu können. Nur so werden wir eine schlagkräftige Mannschaft bilden können, die den gewerkschaftlichen Herausforderungen der Zukunft gewachsen ist.
Frohe Weihnachten und ein erfolgreiches neues Jahr!
Allen Mandatsträgern und ihren Familien danke ich für die geleistete Arbeit, den geübten Verzicht und das praktizierte gegenseitige Vertrauen. Ihnen und allen Kolleginnen und Kollegen sowie unseren interessierten Leserinnen und Lesern wünsche ich ein ruhiges und besinnliches Weihnachtsfest sowie einen guten Übergang in ein erfolgreiches neues Jahr. Dabei darf ich der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass wir uns im kommenden Jahr bei stabiler Gesundheit sowie beruflicher wie privater Zufriedenheit den vor uns liegenden gewerkschaftlichen Herausforderungen pragmatisch stellen werden. Ihnen allen eine gute Zeit.
Mit kollegialen Grüßen
Ihr/Euer
Peter Brock
BSBD-Landesvorsitzender
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