Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es ist mir ein persönliches Anliegen, mich heute mit ein paar Zeilen an Sie zu wenden. Große Herausforderungen und Ereignisse, deren Auswirkungen nicht unmittelbar abzusehen sind oder nicht unmittelbar eintreten, haben es schwer, sofort in ihrer gesamten Dimension erkannt zu werden.

Die Corona-Pandemie ist so ein Ereignis, dass uns mit zeitlicher Verzögerung und jeden von uns unterschiedlich bedroht und trifft. Deshalb sind die Konsequenzen für uns persönlich auch so schwer abzuschätzen.

Die Menschen reagieren auf so eine Situation je nach Veranlagung und ihren persönlichen Erkenntnissen unterschiedlich. Während die einen zu Angst und Hysterie neigen, schieben die anderen die drohenden Gefahren beiseite nach dem Motto: „Das betrifft mich nicht. Für mich besteht kein existentielles Risiko. Ich kann mein Leben genießen wie bisher!“

Expertise der Seuchen- und Katastrophenexperten sollten Handlungsmaßstab sein

In einer solchen Lage sind wir gut beraten, uns auf die Expertise von Fachleuten und den Sachverstand der politischen Führung zu verlassen. Nur so kann ein planmäßiges und koordiniertes Vorgehen im Kampf gegen das uns bedrohende Virus sichergestellt werden. Wir als Strafvollzugsbedienstete gehören zu jenem Bereich, der gemeinhin als kritische Infrastruktur bezeichnet wird. Für uns gelten daher auch Sonderregelungen im Bereich der Kinderbetreuung, damit wird unseren Beruf ausüben können, ohne uns um unsere Kleinen sorgen zu müssen.

Im Strafvollzug besteht gegenwärtig noch keine große Durchseuchung und wir müssen alles daransetzen, dass dies auch so bleibt. Abstandsregeln können in einer Zwangsgemeinschaft wie dem Vollzug nur unzulänglich eingehalten werden. Wir müssen zu jeder Zeit mit Spontanhandlungen rechnen, die uns unmittelbar fordern.

Schutzausstattung und Desinfektionsmittel dringend benötigt

Zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen im Gewerkschaftsvorstand und in den Personalräten sehe ich meine vorrangige Aufgabe darin, für optimale Rahmenbedingungen zu sorgen, damit Sie Ihren Dienst ohne unvertretbare Risiken ausüben können. In Kürze wird die Schutzausstattung für jeden zur Verfügung stehen und wir werden darauf bestehen, dass zügig und häufig getestet wird. Unser Ziel ist es, jeder Kollegin und jedem Kollegen mit unmittelbaren, engen Kontakt zu Mitmenschen, einen Anspruch auf wöchentliche Testverfahren zu sichern.

Um den Strafvollzug möglichst lange von infizierten Personen frei zu halten, müssen selbstverständlich auch alle Zugänge getestet werden. Der zwischenzeitlich verhängte Vollstreckungsstopp für Ersatzfreiheitsstrafen und kurze Freiheitsstrafen ist in dieser Hinsicht sicher hilfreich. Auf diese Weise wird Platz geschaffen, damit Zugänge und Verdachtsfälle in den Einrichtungen isoliert werden können.

Führung und kurze Kommunikationswege sind jetzt gefragt

Bislang ist die Bewältigung der Lage eher schleppend und verhalten angelaufen, was in den Anstalten vielfach auf Unverständnis stößt. Wir sollten den Kolleginnen und Kollegen in Führungsverantwortung jedoch zugestehen, dass es für die Bewältigung einer Pandemie im Vollzug keine Vorlage gibt, nach der sofort gehandelt werden kann. Notwendige Maßnahmen müssen erst entwickelt werden. Zu fordern ist jedoch, dass etwas mehr Tempo aufgenommen wird, damit unsere Kolleginnen und Kollegen in den Einrichtungen bestmöglich unterstützt werden können.

Zwischenzeitlich sind sechs Gruppen von Ansprechpartnern, die für jeweils sechs Einrichtungen zuständig sind, eingerichtet worden. Jede Gruppe ist mit einem Ministeriumsvertreter, einem Vertreter der Anstaltsleitungen und einem Mitglied des Hauptpersonalrats besetzt. Diese sechs Gruppen verfolgen das Ziel, die Kooperation zwischen Ministerium und den einzelnen Einrichtungen spürbar zu verbessern und kurze Kommunikationswege zu schaffen.

Selbst wenn es hier und da knirscht, weil in den Einrichtungen unterschiedliche, teilweise divergierende Entscheidungen getroffen werden, sollte uns das neben berechtigter Kritik auch Respekt abnötigen, dass die Hierarchieebenen funktionsfähig sind, selbst wenn Vorgaben der weisungsberechtigten höheren Ebene ausbleiben.

Die Bekämpfung der Pandemie muss beherzt angepackt werden

Das Ministerium ist jetzt allerdings gefordert und in der Pflicht, zeitnah die notwendige Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen, damit die Risiken für uns alle reduziert werden. Sollte es vor Ort einmal haken, dann wenden Sie sich bitte an den Personalratsvorsitzenden Ihrer Einrichtung. Über die Personalratsschiene ist die Weitergabe ihrer Informationen gesichert.

Der Strafvollzug ist wesentlich für die öffentliche Sicherheit und wir stehen in der Pflicht, diese Aufgabe im Dienst an der Gesellschaft entsprechend unserem Berufsethos gut zu erfüllen. Flexibilität, Zuverlässigkeit, Einsatzbereitschaft und Kollegialität, die uns auszeichnen, werden uns auch diese Herausforderung gemeinsam bestehen lassen. Schließlich arbeiten die „Helden des Alltags“ vor Ort und nicht in den Krisenstäben.

Lassen Sie uns die epochale Herausforderung, vor der wir stehen, gemeinsam und zuversichtlich annehmen. Mit Ihrer aller Einsatz und gegenseitiger Unterstützung werden wir erfolgreich sein.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen Kraft und Stärke.

Bleiben Sie gesund und geben Sie auf sich Acht

Ihr

Ulrich Biermann

zum Weiterlesen bitte hier klicken: http://www.bsbd-nrw.de/aktuelles/aktuelles-bsbd/839-coronavirus-hat-uns-fest-im-griff

Von BSBD NRW

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