Vor der in der kommenden Woche anstehenden dritten Verhandlungsrunde hat die Arbeitgeberseite sich zu einem Angebot durchgerungen. Natürlich ist man an einer recht langen Laufzeit interessiert, man sieht sich offenbar in einer komfortablen Verhandlungssituation.
Das wäre alles nicht so schlimm, wenn denn die Einzelschritte der linearen Einkommenserhöhung angemessen wären. Dies sind sie allerdings nicht.
Speziell die kommunalen Arbeitgeber unter dem Verhandlungsführer Ulrich Mädge zeigen sich als wenig kompromissbereit. Sie weisen darauf hin, dass die Gesamtkosten des Angebotes 4,8 Milliarden Euro betrage und damit über die Schmerzgrenze der Kommunen hinausgehe.
Das Angebot
Erhöhung der Arbeitsentgelte in drei Schritten angeboten, und zwar
- zum 1. März 2021 um 1,0 Prozent
- zum 1. März 2022 um weitere 1,0 Prozent und
- zum 1. März 2023 um weitere 1,5 Prozent.
Der erste Erhöhungsschritt wird mit einem Mindestbetrag von 30 Euro verbunden. Die Laufzeit soll 36 Monate betragen. Das Angebot ist damit von den Forderungen der Gewerkschaften, die 4,8 Prozent auf zwölf Monate verlangen, unrealistisch weit entfernt. Wenn die Arbeitgeberseite nicht sehr in sich geht, hat sie mit diesem Angebot den Keim des Scheiterns der Verhandlungen bereits gelegt.
Die kommunalen Arbeitgeber (VKA) bieten zudem eine Corona-Sonderzahlung für alle Beschäftigten zur Abmilderung der Belastungen in der Pandemie. Diese soll zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitsentgelt in Höhe von 300 Euro gewährt werden. Zudem sind sie bereit, die regelmäßige Arbeitszeit im Tarifgebiet Ost in zwei Schritten (2023 und 2024) auf 39 Stunden wöchentlich zu reduzieren.
Für die Kräfte in Pflege- und Betreuungseinrichtungen ist eine monatliche Pflegezulage von 50 Euro von den Arbeitgebern geboten worden. Die Zulage für den regelmäßigen Einsatz in Wechselschichten soll von 105 Euro auf 155 Euro erhöht werden. Schließlich sind die Arbeitgeber bereit, die Intensivzulage von 46,02 Euro auf 96 Euro anzuheben. Für Beschäftigte in der Intensivpflege, die alle drei Zulagen erhalten, ergibt sich somit eine Entgelterhöhung um monatlich 150 Euro.
Die Beschäftigten in den Gesundheitsämtern sollen nach dem Angebot der Arbeitgeber für ihren besonderen Einsatz in der Corona-Pandemie in den nächsten zwei Jahren Sonderzahlungen von insgesamt maximal 1.200 Euro erhalten. Den Fachärztinnen und Fachärzten im öffentlichen Gesundheitsdienst soll zusätzlich eine monatliche Zulage von 150 Euro zuerkannt werden. Daneben bieten die Arbeitgeber die Möglichkeit zur Entgeltumwandlung für Fahrräder und eBikes an.
Beamtenbund und Verdi: Das Angebot ist eine Zumutung
Die Verhandlungsführer von DBB und ver.di, Ulrich Silberbach und Frank Werneke, haben das Angebot der Arbeitgeber denn auch als völlig unzureichend zurückgewiesen. Die angebotenen Lohnsteigerungen sehen die Verhandlungsführer der Gewerkschaften als geradezu respektlos an. Speziell die Angehörigen unterer Einkommensgruppen blieben so auf der Strecke, das sei keinesfalls akzeptabel.
Hier müsse bei der linearen Anhebung und beim Mindestbetrag erheblich nachgebessert werden. Und speziell die Laufzeit sei angesichts der gegenwärtig schwer einzuschätzenden Entwicklung der Wirtschaft einfach eine Zumutung.
Der absolute Hammer, so die Gewerkschafter, seien die Vorschläge für das Gesundheitswesen. Nach dem Beifall und den warmen Worten im Frühjahr sei das Angebot der Arbeitgeberseite ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen. Gegenwärtig seien die Fallzahlen im Steigen begriffen. In unseren Krankenhäusern werde wieder um das Leben der Patienten gerungen, da sei das Angebot der Arbeitgeber ein Affront.
DBB-Chef Ulrich Silberbach fasste seinen Unmut so zusammen: „Wir hatten uns vom heutigen Angebot deutlich mehr versprochen, und zwar mehr Verantwortung, mehr Respekt und mehr Fairness im Umgang mit den Kolleginnen und Kollegen!“ Die dritte Verhandlungsrunde, prognostizierte der Gewerkschafter, müsse nun zeigen, ob die Arbeitgeber bereit und in der Lage seien, doch noch eine Einigungsperspektive zu entwickeln.
BSBD-Chef Ulrich Biermann konnte sein Missfallen kaum unterdrücken. Er wertete das Angebot der Arbeitgeber voller Bitterkeit als völlig aus der Zeit gefallen. Gerade in dem Moment, in dem der Staat hohe Leistungen für alle Gesellschaftsbereiche realisiere, solle der systemrelevante öffentliche Dienst des Bundes und der Kommunen mit einem Almosen abgespeist werden. „Wir blicken in der kommenden Woche mit großer Spannung nach Potsdam und empfehlen der Arbeitgeberseite, ihr Angebot deutlich nachzubessern, wenn sie tatsächlich an einem Abschluss interessiert ist“, meinte Biermann.
Friedhelm Sanker
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