Gespräch mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn
Pflegende Angehörige stärker entlasten
Beim digitalen Austausch mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn wies dbb Chef Ulrich Silberbach erneut darauf hin, dass eine nachhaltige Finanzreform der Pflegeversicherung zu den drängendsten Projekten gehört, die trotz des wichtigen Kampfes gegen die Corona-Pandemie zügig angegangen werden müssen.
„Covid19 legt den Finger in die Wunde und zeigt uns deutlich, an welchen Stellen wir in der Vergangenheit hätten aktiver sein müssen“, warnte der dbb Bundesvorsitzende am 3. Dezember 2020 vor einem Reformstau im Zuge der Pandemiebekämpfung. So wichtig der Kampf gegen das Coronavirus sei, dürfe er nicht alleine die gesundheitspolitische Agenda bestimmen. „Besonderes Augenmerk muss künftig auf die pflegenden Angehörigen gerichtet werden, die einen Verwandten in der eigenen Häuslichkeit versorgen“, betonte Silberbach.
Hier gelte es, mittels einer steuerfinanzierten Entgeltersatzleistung, wie man sie vom Elterngeld kenne, sowie mit möglichst flexiblen Freistellungsmöglichkeiten die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf zu verbessern. „Die Pflege in den eigenen vier Wänden entspricht nicht nur dem Wunsch der meisten Pflegebedürftigen“, erklärte der dbb Chef, „auch die Kosten für die Pflegeversicherung sind in der Regel geringer.“
Die vorgesehene Deckelung der pflegebezogenen Eigenbeträge in der stationären Pflege begrüßt der dbb im Grundsatz, denn die Selbstbeteiligung an den Heimkosten ist in den vergangenen 25 Jahren stark gestiegen. Auch wenn die ein oder andere vorgesehene Entlastung aus Sicht des dbb recht weitgehend ist, so sieht auch der dbb Pflege als gesamtgesellschaftliche Aufgabe und unterstützt deshalb das Vorhaben des Bundesgesundheitsministers, entsprechende Leistungsausweitungen aus Steuermittel zu finanzieren.
Krankenhauspersonal fordert spürbare Verbesserungen
Ein wichtiges Thema etwa für die nächsten Tarifverhandlungen bleibt die Refinanzierung der Tarifsteigerungen für das Krankenhauspersonal. „Wir freuen uns, dass das Bundesgesundheitsministerium unserem Vorschlag aufgeschlossen gegenübersteht, einen runden Tisch mit Gewerkschaften, Krankenkassen und Arbeitsgebern zu diesem Thema ins Leben zu rufen“, betonte dbb Tarifchef Volker Geyer.
Der Fachkräftemangel in den Gesundheitsberufen war noch nie so offensichtlich wie in Zeiten der Pandemie. „Wir stehen hier erst am Anfang“, so der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende weiter. Zwar zeugten die innovativen Kampagnen zur Nachwuchsgewinnung davon, dass man die Zeichen der Zeit erkannt habe. „Das wird allerdings nicht ausreichen“, sagte Geyer. „Die Beschäftigten fordern intelligente Arbeitszeit- und Schichtmodelle, die den Arbeitsalltag konkret verbessern.“ Softwarebezogene Organisationssysteme, wie sie künftig in den Notfallambulanzen eingesetzt werden sollen, können laut dem dbb Fachvorstand Tarifpolitik wirkungsvoll zur Reduzierung der Arbeitsdichte beitragen.
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