Ihre heutige Ausgabe macht die BILD-Zeitung mit der Schlagzeile „Für Steuerzahler wird’s teuer: Kosten für Beamtenpensionen explodieren“ auf. Der Bericht ist dann nicht ganz so tendenziös, wie es die Überschrift vermuten lässt. Er ist allerdings durchaus geeignet, Neid und Zwietracht zu säen, weil beim Vergleich von Renten und Pensionen einmal mehr Äpfel mit Birnen verglichen werden.
Der Bericht bezieht sich auf den Entwurf des Sozialberichts der Bundesregierung, der Ende dieses Monats beschlossen werden soll. Danach wird geschätzt, dass die Pensionslasten bis 2025 von derzeit 65,5 Milliarden auf 81 Millarden Euro ansteigen werden. Als Grund gibt BILD zutreffend an, dass in den kommenden Jahren zahlreiche Beamte in den Ruhestand treten werden. Gleichfalls zutreffend ist der Hinweis darauf, dass Bund und Länder in der Vergangenheit keine Rücklagen für diesen Fall gebildet haben, um die künftigen Versorgungslasten abzufedern. Folglich sind die Ruhegehälter aus den laufenden Haushalten zu bestreiten. Diesen Sachverhalt haben aber nicht die Beamten zu vertreten, sondern die Politik, die lange Zeit der Aufffassung war, die Pensionen aus der Portokasse bezahlen zu können.
Der BILD-Artikel spielt Beschäftigtengruppen gegeneinander aus
Jetzt aber plaziert BILD den Spaltpilz. Die Beamtenpensionen werden als üppig bezeichnet. Im Durchschnitt kassieren Beamte, laut BILD, 3.100 Euro, während die Durchschnittsrente derzeit bei 982 Euro liegt. Gründe für die Diskrepanz von Rente und Pension werden nicht benannt. Deshalb lässt sich feststellen, dass BILD mit dem Bericht auf subtile Weise eine Neiddebatte anstößt, die völlig entbehrlich ist, weil es objektive Gründe für die Unterschiede gibt.
Der BILD-Bericht befasst sich im Grundsatz mit den Gesamtkosten der Beamtenversorgung und benennt die voraussichtlich künftige Ausgabenhöhe. Anstatt sich Gedanken darüber zu machen, wie die öffentlichen Ausgaben und damit auch die Versorgungslasten künftig finanziert werden sollen, weicht BILD aber plötzlich auf die Durchschnittsrente und -pension aus, die für die Bewältigung der Ausgabenlast ohne Belang sind. Schließlich haben Rentner und Pensionäre gesetzliche Ansprüche erworben, die erfüllt werden müssen.
Um zumindest eine Scheinlösung anzubieten, zitiert BILD den IW-Experten Beznoska, der wörtlich meinte: „Deshalb muss ein Verbeamtungsstopp her. Die Zahl der Beamten sollte nicht weiter steigen.“ Aber was soll das bringen? Bereits jetzt gibt es erhebliche Personaldefizite in der öffentlichen Verwaltung. Durch die in der laufenden Legislaturperiode verabschiedeten rd. 400 Gesetze entstehen zusätzliche Aufgaben. Diese Gesetze müssen umgesetzt und ausgeführt werden, dafür bedarf es des erforderlichen Personals. Und zum Nulltarif wird diese Aufgaben mit Sicherheit niemand ausführen.
Unterschiedliche Versorungssysteme müssen in ihrer Komplexität bewertet werden
Beamtenversorgung und Rentenversicherung sind zwei grundlegend verschiedene Versorgungssysteme, die sich nur schwer vergleichen lassen. Deshalb ist die Angabe der jeweiligen Durchschnittswerte, wie es BILD gemacht hat, völlig irreführend und sachwidrig. So werden Versorgungsbezüge, was BILD auch einräumt, deutlich höher besteuert als Renten. Beamte müssen die Kosten für eine die Beihilfeleistungen ergänzende private Krankenversicherung tragen. Die Beiträge summieren sich gegenwärtig auf mehrere Hundert Euro.
Beamte weisen gegenüber anderen Beschäftigungsbereichen ein deutlich höheres Qualifikationsniveau auf. Zwei Drittel der Beamten verfügen mindestens über einen Fachhochschulabschluss. Eine höhere Qualifikation hat aber zwangsläufig höhere Gehälter und damit auch höhere Versorgungsleistungen zur Folge. Das ist ein gesellschaftlich allgemein anerkanntes Prinzip und damit völlig legitim.
Beamte, die für bestimmte Aufgaben eingestellt und ausgebildet werden, verfügen überwiegend über einen vollständigen Erwerbslebenslauf, der keine Lücken aufweist. In die Rentenstatistik fließen aber auch nur vorübergehende oder geringfügige Beschäftigungen mit ein, was zu einer Minderung der Durchschnittsrente führt.
Gleichfalls übersehen wird oftmals, dass die Beiträge zur Rentenversicherung gedeckelt sind. Die Beitragsbemessungsgrenze liegt derzeit bei monatlich 7.100 Euro. Im Beamtenbereich fließen aber auch absolute Spitzenbesoldungen in den statistischen Wert der Durchschnittspension von 3.100 Euro ein. Es handelt sich folglich um einen rein rechnerisch ermittelten Wert, den viele Beamte praktisch gar nicht erreichen.
Übersehen wird vielfach auch, dass Beamte entgegen Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft keinen zusätzlichen Anspruch auf eine betriebliche Altersvesorgung erwerben können. Und dann sind da noch die Frauen, die im öffentlichen Dienst, vom Karrierehemmnis der Familienphase einmal abgesehen, gleiche Besoldung über gleiche Leistung erhalten. Hiervon ist die Privatwirtschaft noch weit entfernt. Und auch dieser Umstand hat eine geringere Durchschnittsrente zur Folge. In der Diskussion wird zudem völlig übersehen, dass die Beamten seit den 1950er Jahren durch Kürzung der Aktivbesoldung auch eigene Beiträge zu ihrer Versorgung leisten. Da diese Beiträge nicht monatlich ausgewiesen werden, werden sie auch nicht zur Kenntnis genommen.
Jetzt ist Zusammenhalt gefragt, nicht Neid und Zwietracht
Mit der einfachen Gegenüberstellung von Durchschnittsrente und Durchschnittspension erweckt BILD den falschen Eindruck Pensionäre erhielten ein Vielfaches dessen was Rentnern zusteht. Weil BILD seine Informtionen ohne ausreichende Erklärungen anbietet, die den Lesern eine vernünftige Einordnung der Fakten ermöglichen würde, wird eine völlig überflüssige Neiddebatte ausgelöst.
Mit diesem BILD-Artikel ist der Boden bereitet, um die Beamtenversorgung erneut und wieder einmal auf den Prüfstand zu stellen. Der BSBD NRW wird gemeinsam mit dem DBB alles dafür tun, um die berechtigten Interessen der Kolleginnen und Kollegen gewahrt werden und das verfassungsrechtlich verbürgte Alimentationsprinzip auch in nder Zukunft Gültigkeit behält.
Friedhelm Sanker
Bild: BSBD-NRW
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