Im Juli 2021 erreichte die Inflation 3,8 Prozent. Sie hat sich damit in einer Weise beschleunigt, die uns seit fast 30 Jahren unbekannt war. Zwar wird die Politik nicht müde, diesen Anstieg als vorübergehendes Phänomen zu beschreiben, namhafte Wirtschaftsexperten rechnen allerdings mit einem weiteren und wohl auch dauerhaften Anstieg der Geldentwertung.
Am Jahresende könnten bereits 5 Prozent erreicht werden, so die Einschätzung von Experten. Selbstverständlich konnte diese Entwicklung nicht ohne Einfluß auf die heute vorgestellten Forderungen der Gewerkschaften für die anstehenden Tarifverhandlungen bleiben.
Nach dem Willen der Tarifkommissionen soll die Bezahlung im Landesdienst um 5 Prozent – mindestens aber um 150 Euro steigen.
Im Oktober 2021 starten die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Bundesländer. Bei der Vorstellung der gewerkschaftlichen Forderungen in Berlin sagte der DBB-Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach: „In den vergangenen Monaten wurde uns erneut vor Augen geführt: Ein personell auf Kante genähter und schlecht ausgerüsteter öffentlicher Dienst kann verheerende Folgen haben. Ohne eine gut aufgestellte Verwaltung bleibt jede Gesetzgebung nur Stückwerk – ob bei Sicherheit, Bildung, Gesundheit, Umwelt, Finanzen oder einem der vielen anderen Politikfelder. Deshalb muss jetzt investiert werden, auch und gerade in die Bezahlung. Nicht nur, um die zahllosen offenen Stellen zu besetzen, um Nachwuchs- und Fachkräfte zu werben. Sondern auch, um den Kolleginnen und Kollegen, die dieses Land allen Widrigkeiten zum Trotz am Laufen halten, die verdiente Wertschätzung zu zeigen.“
Daneben verlangte Silberbach die wirkungsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses auf die Beamtinnen und Beamten der Länder und der Kommunen. Zwischenzeitlich müssten in vielen Bundesländern mittlerweile die Gerichte bemüht werden, um eine verfassungskonforme Besoldung durchzusetzen. Das ist nach Einschätzung Silberbachs ein Armutszeugnis für die betroffenen Landesregierungen.
Im Vorfeld der Gewerkschaftsforderungen hatte die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) die Verhandlungen mit einer Kampfansage belastet. In dieser Tarifrunde, so verlautete aus Kreisen der Arbeitgeber, erwarteten sie Zugeständnisse bei der Auslegung des Begriffs „Arbeitsvorgang“. Damit würde die Axt an die geltenden Eingruppierungsregeln mit dem Ziel gelegt, diese nachhaltig zu verschlechtern.
Für DBB und BSBD ist jedoch klar, dass jeder Zugriff auf die Karrierechancen der Kolleginnen und Kollegen auf unseren Widerstand treffen würde. Diese Forderung der TdL ist das Gegenteil dessen, was die Beschäftigten jetzt erwarten: Steigerung der Attraktivität durch bessere Bezahlung und Wertschätzung, die sich nicht nur in Lippenbekenntnissen erschöpft.
BSBD-Chef Ulrich Biermann hat zu den Forderungen in Düsseldorf Stellung genommen. Er wertete die lineare Erhöhung der Gehälter angesichts einer dramatisch anziehenden Inflation als moderat. Erfreut zeigte er sich darüber, dass als Nebenforderung auch über die Einführung der dynamischen Zulage für die Beschäftigten der ambulanten und stationären Pflege im Justiz- und Maßregelvollzug verhandelt werden soll. Biermann hält diese Forderung für unverzichtbar, weil eine entsprechende Zulage im Beamtenbereich bereits zur Auszahlung gelangt. „Um hier zu einem Gleichklang zurückzukehren, geht an dieser Forderung für uns kein Weg vorbei“, stellte der Gewerkschafter klar.
Die BSBD-Tarifexpertin Birgit Westhoff hat in Düsseldorf noch einmal darauf aufmerksam gemacht, dass die Verhandlungen mit großer Härte und Entschlossenheit geführt werden dürften und es deshalb darauf ankomme, dass wir alle gemeinsam und geschlossen unsere Anliegen vertreten. „Im letzten Jahr hat uns die Pandemie gelehrt, verschiedene Möglichkeiten der Kommunikation zu erproben und Aktionsmöglichkeiten zu nutzen. Diese Fähigkeiten sind in dieser Tarifrunde sehr gefragt. Wir sollten sie nutzen, damit wir für unsere Interessen Öffentlichkeit herstellen und sie letztlich erfolgreich durchsetzen können“, so die Gewerkschafterin.
Hintergrund
Am 8. Oktober 2021 starten in Berlin die Verhandlungen für den Tarifvertrag der Länder (TV-L). Davon sind rund 3,5 Millionen Beschäftigte betroffen: Direkt ca. 1,1 Millionen Tarifbeschäftigte der Bundesländer (außer Hessen, das eigene Verhandlungen führt) und indirekt ca. 1,4 Millionen Beamtinnen und Beamte der entsprechenden Länder und Kommunen. Die zweite und dritte Verhandlungsrunde finden am 1./2. November 2021 und am 27./28. November 2021 in Potsdam statt.
Friedhelm Sanker
Weitere Informationen zur Einkommensrunde und den Forderungen des DBB finden Sie auf unserer Tarifseite.
zum Weiterlesen bitte hier klicken: http://www.bsbd-nrw.de/aktuelles/aktuelles-bsbd/941-einkommensrunde-2021-01