Der Wahlkampf hat viele Wunden geschlagen. Besonders die Kanzlerkandidatin der Grünen und der Kandidat der CDU/CSU haben zahlreiche Verletzungen davongetragen. Die Medien überboten sich, die persönlichen Mängel und Unzulänglichkeiten ausgiebig zu sezieren, um letztlich zu dem Ergebnis zu gelangen: Gewogen und für zu leicht befunden.

Persönlich ist man geneigt, Mitleid mit den Betroffenen zu empfinden. Andererseits haben sie ihr Schicksal selbst gewählt und müssen mit den Konsequenzen umgehen. Das Wahlergebnis ist bei Licht betrachtet recht ernüchternd. SPD, Grüne und FDP haben ordentlich zugelegt, die CDU/CSU hat satt verloren. Künftig sind Dreier-Bündnisse erforderlich, um die Kanzlermehrheit zu erreichen. Das Wahlvolk hat die Parteien praktisch fragmentiert.

In den vergangenen Jahren herrschte Krisenstimmung. Die Strategie der konsensualen Einvernehmlichkeit von Kanzlerin Angela Merkel gelangte dabei an ihre Grenzen. Krisen verlangen nun einmal nach strikter Führung, weil Entscheidungen meist nicht aufgeschoben werden können. Den notwendigen Taktikwechsel hat die amtierende Regierung nicht hinbekommen. Sichtbar wurde für das Wahlvolk eine thematisch entkernte, scher verunsicherte Regierungspartei CDU, die keinen Willen zur Veränderung mehr erkennen ließ.

Verständlich ist, dass die Wähler eine Partei ohne Plan und ohne klare Führung, wie sich die CDU im Wahlkampf präsentierte, nicht in der Regierungsverantwortung sehen wollten. Erstaunlich ist hingegen die Auferstehung der seit langem totgesagten SPD. Unter dem Kandidaten Olaf Scholz, den sie als Vorsitzenden nicht haben wollte, erlebte die Sozialdemokratie eine unerwartete Renaissance. Es bleibt abzuwarten, ob diese Entwicklung von Dauer sein wird.

Grüne und FDP legten ordentlich zu. Während bei der FDP eitle Freude herrschte, waren die Grünen doch etwas geknickt, weil sie ihr Potenzial nicht ausschöpfen konnten. Sie haben zwar deutliche Stimmenanteile hinzugewonnen, jedoch nicht das erreicht, was Demoskopen ihnen zugetraut hatten. Eigene Fehler und Unzulänglichkeiten hatten es verhindert.

Die Fragmentierung der Parteien ist eine Hypothek für die Demokratie

Die Parteien müssen jetzt mit dem Votum der Bürgerinnen und Bürger umgehen. Ganz einfach ist das nicht, weil sich ganz unterschiedliche Parteien als kompromissfähig erweisen müssen. Die Fragmentierung der Parteienlandschaft macht die Entscheidungsfindung nicht einfacher. Je höher der Abstimmungsbedarf, desto größer der zeitliche Aufwand. Und da stellt sich doch die Systemfrage. Sind Demokratien eigentlich noch in der Lage in Konkurrenz zu autokratischen Staaten erfolgreich zu sein?

Die früheren Volksparteien waren reine Kompromissmaschinen, die den Interessenausgleich quasi verkörperten. Jetzt ist die Kompromissbildung Aufgabe des Parteienwettbewerbs geworden. Damit dürften Regierungsbildung und politische Entscheidungen zu langwierigen Prozessen werden und auch die Stabilität von Regierungen könnte leiden.

Der Zergliederung der Gesellschaft, die sich pluralisiert und individualisiert hat, folgen jetzt auch die Parteien. Jede Gruppe wird versucht sein, ihre spezifischen Interessen künftig mit maximalem Nachdruck durchzusetzen. Die Parteien werden sich vergleichbar verhalten, um ihren Themenschwerpunkten Geltung zu verschaffen. Bei gravierenden Entscheidungen werden sich die Parteien der Zustimmung ihrer Basis versichern. Politik droht so zu einem aufwändigen Verwaltungsmonstrum zu verkommen. Dabei leben wir in einer Zeit, in der schnelle, mitunter auch mutige Entscheidungen benötigt werden.

Eine erste Ahnung von der künftigen Entwicklung werden uns die anstehenden Koalitionsverhandlungen vermitteln. Die Parteien erklären zwar unisono, an einer schnellen Regierungsbildung interessiert zu sein, doch sind Zweifel angebracht.

Was kann der öffentliche Dienst von einer neuen Bundesregierung erwarten?

Der öffentliche Dienst befindet sich in einer schwierigen Lage. Er ist auf die Politik angewiesen. Als probates Werkzeug stehen Sachargumente zur Verfügung, mit denen politischer Handlungswille erzeugt werden kann und muss.

Pandemie und Hochwasserkatastrophe haben sichtbar gemacht, dass nur eine angemessen ausgestattete und funktionsfähige Verwaltung den künftigen Herausforderungen gewachsen sein wird. Die künftigen Koalitionäre sind deshalb gut beraten, den öffentlichen Dienst nicht als Spardose zu missbrauchen, sondern ihn schlagkräftig aufzustellen und ihm jene Wertschätzung zuzubilligen, die sich auch in Heller und Pfennig ausdrückt.

Speziell der Strafvollzug hat ein ganz spezifisches Anliegen, dass zudem noch beträchtliches Einsparpotential birgt. Wenn demnächst der Föderalismus mit seinen unterschiedlichen Kompetenzen auf den Prüfstand gestellt wird, dann eröffnet sich die Möglichkeit, zu einem einheitlichen Strafvollzugsrecht zurückzukehren. Und auch ein einheitliches Recht zur Regelung von Besoldung und Versorgung würde es ermöglichen, dem Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ wieder die ihm zukommende Geltung zu verschaffen. Es ist logisch einfach nicht begründbar, weshalb gleiche Leistungen unterschiedlich honoriert werden sollen.

Die Chancen, die sich aus der sich abzeichnenden Entwicklung ergeben, sollten wir nutzen, um unseren Interessen größtmögliche Geltung zu verschaffen. Dies ist allein deshalb wichtig, weil ein effektiv aufgestellter öffentlicher Dienst sicherzustellen vermag, dass die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland sicher, selbstbestimmt und frei leben können.

Friedhelm Sanker

Foto im Beitrag © Annett Seidler / stock.adobe.com

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Von BSBD NRW

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