Die Ankündigung der Landesregierung, den Pensionären die mit dem Tarifvertrag für die Bundesländer vereinbarte Einmalzahlung vorenthalten zu wollen, war schon ein richtiger Schlag ins Kontor. Vor allem einer schwarzgelben Regierung hatte man eine solche Bösartigkeit gar nicht zugetraut.
Einen Tarifvertrag für bestimmte Personengruppen uminterpretieren zu wollen, ist schäbig. Was jetzt mit den Pensionären geschieht, denen die Einmalzahlung für das Jahr 2022 vorenthalten werden soll, kann demnächst jede andere Personengruppe im öffentlichen Dienst treffen. Daher muss es jetzt heißen: Wehret den Anfängen!
Selbst den Arbeitgebern war bewusst, dass der Tarifvertrag die Basis auch für die Anhebung von Besoldung und Versorgungsbezügen bilden würde. Jetzt jedoch an dem Ergebnis zu manipulieren, um die Haushaltskasse zu schonen, grenzt an Willkür.
Den Kolleginnen und Kollegen verordnet man Bescheidenheit
Die politische Absicht des NRW-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst macht zudem auf ein grundsätzliches Problem aufmerksam. Die öffentlichen Arbeitgeber erwarten von den Kolleginnen und Kollegen stets Verständnis und Zurückhaltung, wenn die Haushaltskassen klamm oder leer sind. Haben die Gewerkschaften den sprichwörtlichen kleinen Finger gereicht, findet sich in der Politik immer noch jemand, der nach der ganzen Hand greift.
Unternehmen und Vermögende können auf Nachsicht hoffen
Bei der EEG-Abgabe haben sich Unternehmen mit einer windigen Konstruktion zu Stromerzeugern erklärt, um vom Eigenstromprivileg zu profitieren. Das OLG Düsseldorf hat diese juristischen Spitzfindigkeiten jetzt kassiert. Damit nicht milliardenschwere Nachzahlungen fällig werden, hat die große Koalition eine Amnestie beschlossen. Faktisch dürfte dies einen Betrug am ehrlichen Stromkunden und ein Milliardengeschenk für die Industrie darstellen.
Auch bei den Cum-Ex-Geschäften sind dem Staat rund 36 Milliarden Euro an Steuern entgangen. Und auch hier ist der Staat bei den Rückforderungen äußerst zögerlich. Erinnert sei nur an die Hamburger Warburg Bank, wo der Hamburger Senat und die Steuerverwaltung Steuern in Millionenhöhe verjähren ließen.
In diesen Fällen ist die Politik meist großzügig, beim öffentlichen Dienst ist man dagegen weniger nachsichtig.
Politik honoriert Lohnzurückhaltung kaum
Sind die Kassen hingegen reichlich gefüllt, sind öffentliche Arbeitgeber selten bereit, vormalige Zurückhaltung der Gewerkschaften durch opulentere Abschlüsse zu honorieren. Damit werden die Risiken einseitig den Kolleginnen und Kollegen zugeschoben. So darf das nicht weitergehen. Wenn man aus Sicht der Arbeitgeber schon einen guten Abschluss erzielt hat, dann aber noch weitere Sonderopfer zu Lasten von Pensionären durchsetzen will, weil man deren Bezüge im Wege der Gesetzgebung regeln kann, dann ist dies keine Sparsamkeit, sondern ungehörig, heimtückisch und zutiefst schamlos. Herr Ministerpräsident, Sie demotivieren gerade den öffentlichen Dienst in Nordrhein-Westfalen und Sie ruinieren damit dessen Leistungsfähigkeit.
Friedhelm Sanker
Foto im Beitrag © Land NRW
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