Was bereits nach der ersten Verhandlungsrunde zu vermuten war, ist mit dem ersten Angebot der öffentlichen Arbeitgeber zur Gewissheit geworden: Speziell die Kommunen wollen ihre strukturelle Unterfinanzierung auf Kosten der Kolleginnen und Kollegen abbauen. Angesichts der außerordentlich hohen Inflation kann man ein solches Angebot nur als Frechheit bezeichnen. DBB-Chef Ulrich Silberbach sprach denn auch von einer Mogelpackung zu Lasten der Beschäftigten.
„Wir müssen jetzt wohl eine Sprache wählen, die besser verstanden wird. Warnstreiks und Demonstrationen werden wir jetzt verschärfen, damit in der dritten Verhandlungsrunde ein Angebot auf den Tisch kommt, das Reallohnverluste der Kolleginnen und Kollegen vermeidet“, führte Silberbach aus.
Das Angebot der Arbeitgeber:
- tabellenwirksame Erhöhung der Gehälter um 3 Prozent zum 1.10.2023
- tabellenwirksame Erhöhung der Gehälter um 2 Prozent zum 1.06.2024
- Laufzeit des Vertrages: 27 Monate
- Inflationsausgleichsprämien in zwei Raten von 1.500 Euro und 1.000 Euro
Neben diesem Angebot erwarten die Kommunen ein Sonderopfer für die Beschäftigten der Sparkassen. Zu allem Überfluss soll die Jahressonderzahlung in einer Weise angehoben werden, dass davon vorrangig die Führungskräfte profitieren. Ein Sockelbetrag als sozialer Faktor für untere Einkommensgruppen wurde hingegen nicht angeboten.
Das ein solches Angebotspaket bei den Gewerkschaften nur ungläubiges Kopfschütteln hervorrufen würde, hätten sich die öffentlichen Arbeitgeber an fünf Fingern abzählen können. Dabei ist nicht zu verkennen, dass sich die Kommunen tatsächlich in einer schwierigen finanziellen Lage befinden, weil sie durch die Bank mit struktureller Unterfinanzierung konfrontiert sind. Dieses Problem kann dauerhaft nur durch eine vernünftige Finanzausstattung behoben werden.
Das Problem jedoch auf Kosten der Beschäftigten lösen zu wollen, indem man ihnen eklatante Reallohnverluste zumutet, ist an Schäbigkeit kaum zu überbieten. Die Mieten steigen, die Kosten für Energie und Lebenshaltung gehen durch die Decke und da sollen die Kolleginnen und Kollegen, die die konkrete Arbeit für die Bürger in den Behörden stemmen, einfach mal den Gürtel enger schnallen? Nein, das ist ein Lösungsansatz, der zwangsläufig zum Scheitern verurteilt ist.
Bereits jetzt sind Hunderttausende Stellen bei Bund und Kommunen unbesetzt, weil es an allen Enden an Fachkräften mangelt. In einer solchen Lage den Kolleginnen und Kollegen in die Taschen zu greifen, ist respektlos und wird den Tarifkonflikt weiter eskalieren.
In Düsseldorf wertete BSBD-Chef Ulrich Biermann das Angebotspaket als einen Ausdruck mangelnder Wertschätzung. „Speziell die Inflationsausgleichsprämien sind ein ‚Lachsack’. Hier wird so getan, als gingen die Preise nach Verbrauch der Prämien wieder auf ihr früheres Niveau zurück. Das werden sie nicht tun und deshalb muss die Teuerung durch angemessene Gehaltsanhebung kompensiert werden“, stellte Biermann klar. Daneben sicherte der Gewerkschafter den Kolleginnen und Kollegen von Bund und Kommunen unsere solidarische Unterstützung in der sich nunmehr zuspitzenden Tarifauseinandersetzung zu. Außerdem, so Biermann, erhielten wird jetzt einen kleinen Vorgeschmack darauf, was uns bei den im Herbst anstehenden Verhandlungen für die Bundesländer erwarte.
Friedhelm Sanker
Hintergrund
Vom Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) sind insgesamt über 2,5 Millionen Beschäftigte direkt oder indirekt betroffen: Fast 1,6 Millionen Arbeitnehmende des Bundes und der Kommunen und weiterer Bereiche, für die der TVöD direkte Auswirkungen hat, sowie Auszubildende (6.350 beim Bund, 56.300 bei den Kommunen), Praktikantinnen und Praktikanten sowie Studierende in ausbildungsintegrierten dualen Studiengängen und auch knapp 190.000 Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte, Anwärterinnen und Anwärter (16.885 beim Bund) sowie über 500.000 Versorgungsempfängerinnen und -empfänger beim Bund, auf die der Tarifabschluss übertragen werden soll. Mittelbar hat die Einkommensrunde auch Auswirkungen für weitere Bereiche des öffentlichen Dienstes (bspw. Bundesagentur für Arbeit, Deutsche Rentenversicherung). Eine dritte Verhandlungsrunde ist für den 27./28. März 2023 in Potsdam geplant.
Foto: Friedhelm Windmöller/dbb
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