Der Finanzminister des Landes NRW hatte zuletzt einer
moderaten Anhebung der Zuschläge zugestimmt. Seither beträgt der
Zuschlag für den Allgemeinen Vollzugsdienst und für den Werkdienst
jeweils 70 Prozent des Anwärtergrundbetrages. Zudem wurde für die
Laufbahn des gehobenen Vollzugs- und Verwaltungsdienstes erstmals ein
Sonderzuschlag in Höhe von 30 Prozent des Grundbetrages eingeführt.

Der
BSBD NRW hatte eine Erhöhung der Zuschläge für den Allgemeinen
Vollzugsdienst und den Werkdienst auf 90 Prozent der Bemessungsgrundlage
gefordert. Hierzu hat sich die Landesregierung leider nicht durchringen
können. Der BSBD NRW anerkennt zwar ausdrücklich, dass mit der erneuten
Anhebung und der Aufnahme des gehobenen Vollzugs- und
Verwaltungsdienstes ein wichtiger Schritt unternommen wurde, er sieht in
diesem Bereich aber weiteren und dann möglichst abschließenden
Handlungsbedarf.

Der Arbeitsmarkt wird aktuell von zwei gegensätzlichen Phänomenen
gekennzeichnet. Einerseits lassen sich Fachkräfte immer seltener finden,
andererseits ist die Zahl der Arbeitslosen im Steigen begriffen. Diese
Entwicklungen sind ein absoluter Worst Case für den Arbeitsmarkt und
unseren Sozialstaat. Wenn es bei 2,6 Millionen Arbeitslosen nicht
gelingt, selbst Jobs mit einfachem Anforderungsprofil zu besetzen, dann
deutet das darauf hin, dass das Abstandsgebot zwischen Menschen in
Arbeit und Menschen ohne Arbeit nicht ausreichend groß ist. Das
bisherige Versprechen, in Deutschland durch seiner Hände Arbeit sozialen
Aufstieg erreichen zu können, hat offenbar an Attraktivität eingebüßt.
Hier ist die Politik gefordert, die richtigen Weichenstellungen
vorzunehmen, weil sonst der Sozialstaat langfistig nicht mehr
finanzierbar sein dürfte.

Die Personalknappheit sorgt gegenwärtig dafür, dass qualifizierter
Nachwuchs stark umworben wird. Folglich müssen große Anstrengungen
unternommen werden, dass sich geeignete Bewerberinnen und Bewerber in
ausreichender Zahl für ein berufliches Engagement im Strafvollzug
finden.

Die
Professionalisierung der Bewerberakquise hat lediglich den Statusquo
gesichert

Die Intensivierung und Professionalisierung der Werbung und der
anerkennenswerte Einsatz der Vollzugsbehörden haben bewirkt, dass die
Bewerberzahlen nicht weiter zurückgegangen sind. Aus Sicht des
BSBD NRW sind weitere finanzielle Anreize erfroderlich,
um die bestehenden Stellenvakanzen zeitnah beenden zu können. Während
der letzten Legislatur hat die Landesregierung annähernd 1.000
zusätzliche Stellen für den Strafvollzug geschaffen, um die ärgsten
Personalprobleme zu lindern und Personal für neue Aufgaben zur Verfügung
zu stellen. Ein nicht unerheblicher Teil dieser Stellen kann bislang
nicht besetzt werden.

Stellen, die nur auf dem Papier existieren, bewirken aber nicht die
angestrebte Entlastung des vorhandenen Personals. Deshalb ist es nach
Auffassung des BSBD NRW sinnvoll und geboten, nunmehr
den letzten Schritt zu gehen und den Anwärtersonderzuschlag für den
Allgemeinen Vollzugsdienst und den Werkdienst auf 90 Prozent des
Anwärtergrundbetrages
zu erhöhen.

Die glücklicherweise überwundene Pandemie hat die Nachwuchsgewinnung
erheblich belastet. Die aus der Vergangenheit bekannten Schwierigkeiten,
geeignete Nachwuchskräfte für ein berufliches Engagement im Strafvollzug
zu interessieren, bestehen fort. Der BSBD NRW ist
deshalb weiter der Überzeugung, dass eine grundsätzliche Verbesserung
der Bewerberzahlen nur durch weitere zusätzliche finanzielle Anreize
erzielt werden kann.

Der
Vollzug sucht Bewerber mit Berufs- und Lebenserfahrung

Der Vollzug ist ein schwieriges und weitgehend unbekanntes
Berufsfeld. Es werden zudem vorrangig Kräfte gesucht, die bereits über
Berufs- und Lebenserfahrung verfügen. Diese Rahmenbedingungen müssen
durch die Anwärterbesoldung gespiegelt werden, damit geeignete
Bewerberinnen und Bewerber sich einen Berufswechsel auch leisten können.
Gerade von den Erfahrungen dieses Bewerberkreises dürfen nachhaltig
positive Wirkungen auf die Umsetzung des Behandlungsauftrages erwartet
werden. Diese Personengruppe ist aber erfahrungsgemäß vielfach in
finanzielle Verpflichtungen eingebunden, die mitunter die Aufnahme einer
erneuten Berufsausbildung verhindern. Um bei der Anwerbung gerade
solcher Bewerber nicht chancenlos zu sein, ist die Gewährung von
auskömmlichen Anwärtersonderzuschlägen unverzichtbar.

Die Nichtbesetzung verfügbarer Stellen vermag die vorherrschende
Arbeitsverdichtung der Kolleginnen und Kollegen im Vollzug leider nicht
zu beheben. Es müssen schon Menschen aus Fleisch und Blut gefunden
werden, die sich der Resozialisierungsarbeit verschreiben. Das
vorhandene Personal wird durch den hohen Stand der Mehrarbeit physisch
und psychisch enorm gefordert; Entlastung ist deshalb dringend
geboten.

Steigende
Kriminalität fordert Ausweitung der Behandlungskapazitäten

Die Kriminalitätsstatistik weist für 2022 einen deutlichen Anstieg
der Straftaten aus. Dies wird nicht ohne Auswirkungen auf den
nordrhein-westfälischen Strafvollzug bleiben, so dass die zeitnahe
Stellenbesetzung eine hohe Dringlichkeit aufweist.

Auch die Wirtschaft sucht händeringend nach geeignetem Nachwuchs. Die
aktuellen Krisen führen zu wirtschaftlichen Verwerfungen durch hohe
Energiepreise. Die Transformation der Wirtschaft verursacht zudem
Wettbewerbsverzerrungen, die Investoren verunsichert. Es ist daher nicht
verwunderlich, dass die deutsche Wirtschaft den Pfad des Wachstums
während der letzten drei Quartale verlassen hat und in die Rezession
gerutscht ist.

Eine solche Entwicklung verunsichert speziell Arbeitnehmer, weil die
Arbeitsplatzsicherheit leidet. Es ergibt sich damit aber auch die
Chance, aussichtsreich für die Arbeit im Vollzug zu werben. Wenn dann
noch die Rahmenbedingungen stimmen, sollte es möglich sein, mehr
Berwerberinnen und Bewerber für den Strafvollzug zu interessieren. Der
BSBD NRW fordert angesichts der aktuellen
Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt zu einem Befreiungsschlag auf, um
das Personalproblem des Vollzuges einer grundsätzlichen Lösung
zuzuführen.

Der BSBD NRW beharrt angesichts der prekären
Situation bei der Nachwuchsgewinnung auf seiner Forderung, die
Sonderzuschläge in Zukunft auf 90 Prozent des Grundbetrages für die
Laufbahnen des Allgemeinen Vollzugsdienstes und des Werkdienstes zu
erhöhen.

Sonderzuschlag
auch für den mittleren Verwaltungsdienst notwendig

Daneben hält es der BSBD NRW für erforderlich, die
Zahlung eines Sonderzuschlages auch für die Laufbahn des mittleren
Verwaltungsdienstes
vorzusehen. Bei der Gewinnung geeigneter
Nachwuchskräfte ist der Vollzug derzeit nur bedingt konkurrenzfähig.
Deshalb sollte auch bei dieser Laufbahn die Einführung eines
Sonderzuschlages erfolgen.

In den zurückliegenden Jahren ist der Ersatzbedarf im
Verwaltungsdienst vielfach durch die Einstellung von Beschäftigten
kompensiert worden. Diese Praxis hat dazu geführt, dass der
Personenkreis, der die gesamte Breite des Einsatzspektrums der Laufbahn
abdecken konnte, ausgedünnt worden ist. Zwischenzeitlich führt diese
Entwicklung dazu, dass urlaubs- oder krankheitsbedingte Abwesenheiten
nur noch schwer bewältigt werden können. Der BSBD NRW
plädiert deshalb dafür, wieder verstärkt beamtete Kräfte auszubilden, um
die multifunktionale Verwendungsfähigkeit spürbar zu erhöhen.

Speziell in dieser Laufbahn konkurriert der Vollzug mit allen anderen
Bereichen der öffentlichen Verwaltung und der Wirtschaft um geeigneten
Nachwuchs. Weil andere Dienstherren oftmals lukrativere und zudem
planbare Karriereperspektiven bieten, tut sich der Vollzug schwer, den
benötigten Ersatzbedarf zu befriedigen. Dieser Entwicklung sollte durch
die Einfürhung eines Sonderzuschlages auch für den ehemals mittleren
Verwaltungsdienst gegengesteuert werden.

Friedhelm Sanker

Foto: Archiv BSBD NRW

zum Weiterlesen bitte hier klicken: http://www.bsbd-nrw.de/aktuelles/aktuelles-bsbd/1076-anwaertersonderzuschlag-zuschlagshoehe-fuer-den-einstellungsjahrgang-2024-auf-dem-pruefstand

Von BSBD NRW

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